Das Tao der Physik by Fritjof Capra

Das Tao der Physik by Fritjof Capra

Author:Fritjof Capra [Capra, Fritjof]
Language: deu
Format: epub
Published: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Das dynamische Universum 13

In der östlichen Mystik wird die eine Realität als Essenz des Universums gesehen, die der Vielfalt von Dingen und Ereignissen zugrundeliegt und sie vereinigt. Die Hindus nennen sie »Brahman«, die Buddhisten »Dharmakaya« (der Körper des Seins) oder »Tathata« (So-Sein) und die Taoisten »Tao«. Alle behaupten, daß diese höchste Realität unsere intellektuellen Begriffe übersteigt und nicht weiter beschrieben werden kann. Sie ist jedoch von ihren vielfältigen Manifestationen nicht zu trennen. Es liegt in ihrer Natur, sich in Myriaden von Formen zu manifestieren, die werden und vergehen, die sich endlos von der einen zur anderen wandeln. Das kosmische Eine ist somit durch und durch dynamisch.

Die von Hindus und Buddhisten gebrauchten Schlüsselbegriffe der indischen Philosophie haben einen dynamischen Bedeutungsgehalt. Das Wort »Brahman« ist von der SanskritWurzel brih (wachsen) abgeleitet und weist somit auf eine dynamische und lebendige Realität hin. Die Upanischaden nennen Brahman »dies Ungeformte, Unsterbliche, Sich-Bewegende«1 und ordnen ihm somit Bewegung zu, obwohl es alle Formen überschreitet.

Der Rig- Veda drückt die dynamische Natur des Universums mit einem anderen Begriff aus, dem Begriff »Rita«. Dies Wort kommt von der Wurzel ri (sich bewegen). Seine ursprüngliche Bedeutung ist »der Lauf aller Dinge«, »die Ordnung der Natur«. Er spielt eine wichtige Rolle in den Legenden des Veda und hängt mit allen vedischen Gottheiten zusammen. Die Ordnung der Natur wurde von den vedischen Sehern nicht als statisches göttliches Gesetz, sondern als dynamisches Prinzip aufgefaßt, das dem Universum innewohnt. Die Idee gleicht dem chinesischen Begriff des Tao (»Weg«) als die Weise, in der das Universum funktioniert, d. h. die Ordnung der Natur. Wie die vedischen Seher sahen die chinesischen Weisen die Welt als Fluß und Wandlung und gaben somit der Vorstellung einer kosmischen Ordnung einen im wesentlichen dynamischen Begriffsinhalt. Beide Begriffe, »Rita« und »Tao«, wurden später von ihrer ursprünglichen kosmischen Ebene auf die menschliche Ebene heruntergeholt und in einem moralischen Sinn interpretiert, »Rita« als das universelle Gesetz, dem alle Götter und Menschen gehorchen müssen, und »Tao« als der rechte Weg zu leben.

Der vedische Begriff »Rita« nimmt das »Karma« vorweg, das sich als Begriff später entwickelte, um die dynamische Wechselwirkung aller Dinge und Ereignisse auszudrücken. Das Wort »Karma« bedeutet »Aktion« und bezeichnet den aktiven oder dynamischen Zusammenhang aller Phänomene. In den Worten der Bhagavad-Gita: »Alle Handlungen finden in der Zeit statt durch die Verknüpfung der Naturkräfte.«2 Der Buddha griff den traditionellen Begriff des Karma auf und gab ihm eine neue Bedeutung, indem er den dynamischen Zusammenhang auf die Sphäre menschlicher Situationen erweiterte. Somit bedeutet Karma dann die nie endende Kette von Ursache und Wirkung im menschlichen Leben, die der Buddha zerbrach, indem er den Zustand der Erleuchtung erreichte.

Auch der Hinduismus fand viele Wege, die dynamische Natur des Universums in mythischer Sprache auszudrücken. So sagt Krishna, als Inkarnation des Gottes Vishnu, in der Gita: »Wenn ich nicht handeln würde, würden diese Welten untergehen«,3 und Shiva, der kosmische Tänzer, ist vielleicht die vollkommenste Personifizierung des dynamischen Universums. Durch seinen Tanz erhält Shiva die vielfältigen Phänomene in der Welt, er vereinigt alle Dinge, indem er sie in seinen



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